Im Wirtshaus zum "Rot-Grünen Eber"
Auf den folgenden Artikel wurden wir im Grundeigentum aufmerksam (GE 8/03, Seite 477). Ursprünglich wurde er in den Verbandsnachrichten des Steuerberaterverbandes Berlin-Brandenburg veröffentlicht, mit dessen freundlicher Erlaubnis wir den Text abdrucken. Der Autor konnte leider nicht ermittelt werden.

Die folgende Geschichte ist frei erfunden, auch wenn sie Ihnen bekannt vorkommt.

Im „Rot-Grünen Eber” erklärte der Wirt Gerhard S. seinen Gästen täglich, dass er den Bierpreis in den nächsten vier Jahren konstant und die Belastungen in der Wirtschaft verträglich halten möchte. Originalzitat Gerhard S.: „Bierpreiserhöhungen wären Gift für meine Wirtschaft.”

Tatsächlich bleibt der Bierpreis in den nächsten vier Jahren bei 2,70 Euro.

Leider erwähnte Gerhard S. nicht,

  • dass die Gläsergröße den veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen (dem neuen Gläserregal) angepasst und von 0,5 auf 0,4 Liter gesenkt
  • und im Zuge der Gesundheitswochen im „Rot-Grünen Eber” 20 % des Inhalts durch vitalisierendes Leitungswasser ersetzt wurden.

Gerhard S. erläuterte den sozialen Erfolg seiner Maßnahmen gegenüber der örtlichen Presse. „Endlich können auch Nicht-Alkoholgewöhnte bei mir an einem Abend fünf Bier trinken und müssen sich nicht mehr sozial zurückgesetzt fühlen.”


Der Mann der Zapfanlage (Jürgen T.) führte unterdessen weitere Reformen in der Bewirtung durch:

  • Um die „ökologischen Belastungen durch das Herunterkühlen des Gerstensafts auf eine den Gewohnheiten der Gäste entsprechende Temperatur” verursachergerecht umzulegen, wurde eine Kaltbierabgabe von 20 Cent je Glas eingeführt.

Jürgen T.: „Selbstverständlich hat dies bei umweltgerechtem Verhalten keine Auswirkungen auf den Bierpreis - wir bieten deshalb künftig auch Bier in Zimmertemperatur an.”

  • Um den „zunehmenden Wasserverbrauch durch das ständige Spülen der Gläser” zu begrenzen, wurde ein „Prilcent” von 10 Cent je Glas erhoben.

Jürgen T.: „Selbstverständlich bleiben wir auch hier sozial ausgewogen und bieten einen absolut spülfreien Gläserpool an.”


Die Kellnerin (Ulla S.) nahm sich unterdessen der Biernebenkosten an:

  • Es wurde eine Bierdeckelpauschale von 20 Cent eingeführt.
    Ulla S.: „Durch diese Maßnahme konnten aufwendige Reformen in der langfristigen Getränkeversorgung erfolgreich verschoben werden.”
  • Es wurde eine Trinkgeldpauschale von 50 Cent je Glas eingeführt.

Ulla S.: „Das bisherige System der individuellen Trinkgeldvergabe war sozial unausgewogen - gerade die größten Bierverbraucher neigten dazu, ein im Vergleich zur Biermenge nur unterproportional ansteigendes Trinkgeld zu geben.”


Der Kassierer (Hans E.) sorgte unterdessen für eine Konsolidierung der Kassenlage:

  • Die Herausgabe des Wechselgeldes wurde pauschal um 20 % gekürzt.
  • Die Spekulationsgewinne der örtlichen Skatrunde, die traditionell im „Rot-Grünen Eber” zockte, mussten jetzt zu 50 % mit ihm geteilt werden (zu Hans E.s Leidwesen zockt die Runde jetzt in einem nahen Steuerparadies - dem Irish Pub).
  • Ausnahmetatbestände (das Anschreiben der Rechnung) wurden aus Vereinfachungsgründen ersatzlos gestrichen.
  • Als weiterer Ausnahmetatbestand wurde die bislang reduzierte Toilettenbenutzungsgebühr für männliche Pissoirpinkler (Stehpinklerrabatt) dem allgemeinen Satz für sitzende Verrichtungen angepasst.
Kassierer Hans E.: „Es gibt und gab keine Gebührenerhöhung, weil die Bemessungsgrundlage die gleiche geblieben ist.”


Am Ende der vierjährigen Pachtperiode verkündete die Mannschaft des „Rot-Grünen Ebers” stolz:
„Wir haben unser gesetztes Ziel erreicht: Der Bierpreis blieb konstant! Leider konnten wir uns dem allgemeinen wirtschaftlichen Umfeld nicht entziehen. Völlig unvorhergesehen trafen uns Gästeverschiebungen in umliegende ‚Billigwirtschaften‘ ohne sozial/ ökologisch ausgewogene Gästekonzepte. Dadurch konnte die Zielvorgabe der Gaststätteninnung (Wirte sollten nicht mehr als 3 % ihres Biers selbst trinken) nicht ganz erreicht werden. Wir sind aber bemüht, diese Ungleichgewichte dadurch auszugleichen, dass wir unser erfolgreiches Konzept auch auf alle anderen europäischen Wirtschaften übertragen.”



zurück
© 2010 bonkonsult GmbH Seite ausdrucken
zur Startseite